Hinter den Kulissen - Mein Alltag als Redner
- Michael Grübl
- 28. Feb.
- 2 Min. Lesezeit

Sprache ist mein Handwerk
Jeden Tag feile ich an meiner Sprache. Ich lese, ich schreibe, ich spreche – nicht aus Routine, sondern aus Leidenschaft. Sprache ist für mich ein Handwerk, das gepflegt, verfeinert und immer wieder neu erfunden werden muss. Ich lasse mich inspirieren, tauche in Texte ein, zerlege Sätze, finde neue Formulierungen und höre genau hin, wenn Menschen sprechen. Denn mein Ziel ist es, Worte zu finden, die berühren, die Atmosphäre schaffen und die das widerspiegeln, was oft schwer in Sprache zu fassen ist.
Wie alles begann – meine erste Rede
Mein Weg zur Sprache war kein geradliniger. Ich habe nicht von Anfang an gewusst, dass ich einmal Redner und Schriftsteller sein werde. Erst im Nachhinein sehe ich die Spuren, die mich genau hierhergeführt haben. Ein prägendes Erlebnis war meine Abschlussrede als Schulsprecher. Ich sollte für meinen Jahrgang sprechen, die Schulzeit zusammenfassen, etwas Kritisches, aber auch Motivierendes sagen. Also begann ich zu schreiben – und merkte, wie sehr es mir liegt, Atmosphären einzufangen, Stimmungen zu formen und Menschen durch Sprache zu berühren. Als ich die Rede hielt, spürte ich die Aufmerksamkeit des Publikums, das Lachen an den richtigen Stellen, das Nachdenkliche in den Pausen. Das Feedback war überwältigend. Es war das erste Mal, dass ich wirklich begriff, welche Kraft in Worten steckt.
Worte in Zeiten der Sprachlosigkeit
Ein weiteres einschneidendes Erlebnis war der Verlust meines besten Freundes durch einen Motorradunfall. Seine Familie bat mich, eine Rede für die Trauerfeier zu schreiben. Es war das Schwerste, was ich bis dahin getan hatte. Aber in diesem Moment wurde mir klar: Ich wollte Worte finden, wo andere sprachlos waren. Ich wollte die Erinnerungen an ihn hochhalten, ihm und seiner Geschichte gerecht werden. Diese Erfahrung hat mich geprägt und meine Sicht auf Sprache noch einmal verändert. Worte können Trost spenden, Worte können bewahren – und genau das wollte ich tun.
Der lange Weg zur Profession als Redner
Trotzdem habe ich diesen Weg nicht sofort eingeschlagen. Zunächst habe ich eine Ausbildung im medizinischen Bereich gemacht. Aber egal, wohin mich das Leben führte, ich kam immer wieder zur Sprache zurück. Mein Umfeld hat mich oft darauf hingewiesen: "Warum machst du nicht das, was du wirklich liebst?" Und mit der Zeit habe ich es selbst erkannt. Heute ist es meine Profession – und je länger ich sie ausüb, desto mehr erfahre ich, wie sehr sie mich erfüllt. Nicht jeder Auftrag fällt mir leicht, nicht jede Rede fließt mir spontan aus der Feder. Aber genau das ist es, was ich daran liebe: die sprachliche Herausforderung, das Ringen um die richtigen Worte, das Verdichten von Geschichten zu einem Moment, der bleibt.
Die Rede – Die Königin aller Genres
Die Rede ist für mich die Königin aller Genres. Sie verlangt Präzision, aber auch Leichtigkeit. Sie muss den Kern treffen, auf den Punkt kommen, eine Geschichte in verdichteter Form erzählen. Und sie ist lebendig – denn sie wird nicht nur geschrieben, sondern auch gesprochen. Die Stimmung des Moments, die Menschen im Raum, das Miteinander – all das fließt ein. Es ist ein besonderes Gefühl, wenn ich eine Rede halte und spüre, dass sie genau das bewirkt, was sie soll: Menschen zusammenbringen, berühren, feiern oder Trost spenden. Genau deshalb tue ich, was ich tue – und genau deshalb liebe ich es.